Spiraldynamik
Was ist die Spiraldynamik?
Evolutionsbedingte Bewegungsentwicklung
In der Evolutionsgeschichte haben sich bestimmte Lebens- und Bewegungsprinzipien durchgesetzt. Spiralförmige Bewegungen finden wir im Element Luft als Wirbelwind und im Element Wasser als Wasserstrudel wieder. In Geweihen, Muscheln, Kletterpflanzen sowie im Mikrokosmos als DNS. Auch wir als Menschen haben in unserer evolutionsbedingten Entwicklung vom Wasser- zum Landtier und schließlich zum aufrechten Menschen die spiralförmige Anordnung in unsere Bewegung übernommen.
- Fische zum Beispiel bewegen ihre Wirbelsäule nach rechts und links und erzeugen so mithilfe ihrer Schwanzflosse den nötigen Vorwärtsschub.
- Hunde, Katzen, Pferde beugen und strecken ihren Rücken, wenn sie sich schnell vorwärts bewegen wollen.
- Der Mensch richtete sich vom Vier- zum Zweibeiner auf und wurde ein Kreuzgänger. Setzen wir das rechte Bein nach vorne auf, schwingt der linke Arm mit vor und umgekehrt.
Somit finden bei der Spiraldynamik Übungen in Positionen statt, die der natürlichen Bewegung des Gehens ähneln. In der Seitenlage werden verschiedene Gangphasen simuliert, im Sitzen oder mit einem Fuß auf einem Hocker lassen sich Details der Gehbewegung üben.
DYNAMISCH – nicht statisch
Dabei ist die Spirale als dynamisches Modell zu sehen und kein statisches Anspannen. In unserem Alltag brauchen wir nur 5% unserer Maximalkraft. Gerade Perfektionisten neigen dazu, den ganzen Tag alles richtig machen zu wollen und sich stetig gerade zu halten. Dies führt aber zu Verspannungen in der aufrichtenden Muskulatur.
Ab- und Antransport von Stoffen über die Blutbahn
Muskeln werden durch Blutgefäße versorgt, die auch die Muskeln durchziehen. Spannt nun ein Muskel an, wird er kurz und dick. Dabei drückt er auch auf die Gefäße. Entspannt sich der Muskel wieder, wird er lang und schmal, die Blutgefäße werden lang gezogen. Diesen Effekt nutzt man für die Muskelpumpe, wenn man zum Beispiel lange im Flugzeug sitzt und die Zehen und Fersen im Wechsel anhebt. Dadurch hilft man seinen Gefäßen besser das Blut gegen die Schwerkraft Richtung Herz abzutransportieren und damit auch die Stoffwechselendprodukte, die bei Muskelarbeit entstehen wie eine Müllabfuhr zu entsorgen.
Menschen – wie Hochhäuser in Erdbebengebieten
Außerdem müssen die Muskeln elastisch nachgeben können, damit sie reaktionsfähig bleiben. Wir sind aufgrund unserer Aufrichtung quasi Hochhäuser. Wir haben eine relative kleine Standfläche für die Größe unseres Körpers. Vergleichbar mit den Hochhäusern in Erdbebengebieten. Wäre diese starr gebaut, würden Sie beim nächsten Beben schnell einbrechen. Durch den Einbau von beweglichen Elementen bleiben allerdings die Häuser bei Beben stehen. Auch unser Körper kann mechanische Kräfte viel besser verarbeiten, wenn wir dynamisch möglichst viele Muskeln und Gelenke zusammen nutzen können.
Loslassen- nicht gegenspannen
Manchmal ist die Taktik bei Verspannungen, die gegenspielende Muskulatur anzuspannen, damit die Verspannungen nachlassen. Diesen Mechanismus nennt man Antagonisten-Hemmung. Zum Beispiel spannt der Biceps den Ellenbogen in die Beugung, der Triceps in die Streckung. Würden beide gleichzeitig anspannen, würde keine Bewegung entstehen. Daher wird über das Rückenmark automatisch bei Anspannung des einen, der andere entspannt. Um nun zum Beispiel ein Hohlkreuz, welches auch durch eine „Zuviel-Anspannung“ der Rückenmuskulatur entstehen kann, zu lösen, spannen viele die Bauch- bzw. Pomuskeln an. Um aber reaktionsfähig zu sein, wäre es besser die Maximalspannung in den Rückenmuskeln zu reduzieren, ohne gleich die Po- bzw. Bauchmuskeln anzuspannen. Daher wird unter anderem in der Spiraldynamik, das bremsende Loslassen der Muskulatur geübt (Exzentrische Muskelarbeit). Dies gibt uns dann wieder Länge und wir können uns ohne große Anstrengung dynamisch aufrichten.
Lernprozesse beim Umsetzen von funktioneller Bewegung
Innerhalb des Lernens von funktioneller Bewegung, durchläuft man zuerst der Wahrnehmung von Bewegung. Gleichzeitig Mobilisierung, lösen von verspannten Muskeln, kräftigen von Muskeln. Man lernt die Bewegungen koordinativ in unterschiedlichen Ausgangsstellungen durchzuführen und schließlich im Alltag zu integrieren. So trainiert einen mit der Zeit im Alltag.
3D- Bewegungsprinzipien bei Spiraldynamik
Aufrichtung
Für die Aufrichtung der Wirbelsäule bewegen sich die beiden Pole Kopf und Becken in entgegengesetzte Richtungen. Dadurch verlängert sich die Wirbelsäule und streckt sich. Den unteren Rücken nach unten und den Nacken nach oben verlängern. Dadurch ziehen sich die Rippen etwas länger auseinander.
Rotation
Die Spiralform zieht sich wie ein roter Faden durch das menschliche Bewegungssystem. Die Rumpfmuskulatur ist ein Paradebeispiel dafür. Über 80% dieser Muskeln ist schräg angeordnet und für Links-rechts-Drehbewegungen gebaut.
Die Wirbelsäule bewegt sich rotierend beim Gehen. Während das Becken auf der Standbeinseite nach hinten-unten sinkt, dreht es sich gleichzeitig zum Standbein hin. Der Oberkörper dreht zur Spielbeinphase und dient dem Becken als Widerlager.
Spiralprinzip
Beim Gehen unterscheiden wir zwischen Standbein und Spielbein. Das Standbein ist das Bein, auf dem wir jeweils für einen kurzen Moment stehen. Gleichzeitig schwingt das andere Bein, das Spielbein, durch die Luft nach vorne. Die Bewegung des Beckens sind dabei an die Beine gekoppelt. Auf der Standbeinseite dreht das Becken nach hinten-unten, auf der Spielbeinseite bewegt es sich entgegengesetzt nach vorne-oben. Dadurch stehen für einen kurzen Moment die Beckenhälften unterschiedlich hoch. Um nicht aus dem Lot zu geraten, macht die Brustwirbelsäule einen Gegenbogen. Wir haben für einen kurzen Moment also alle eine Skoliose. Beim nächsten Schritt ist diese Skoliose genau in die Gegenrichtung ausgerichtet. Sie ist also funktionell und geschieht beim Gehen Schritt für Schritt im Links-rechts-Wechselrhythmus.
Daher kann man die Bewegungsprinzipien der Spiraldynamik wunderbar zur Behandlung von Skoliose-Patienten nutzen.
Natürlich kann man sich dabei nicht auf alles gleichzeitig konzentrieren. Die Aufmerksamkeit wechselt von einer Region des Körpers zur anderen. Später werden mehrere Körperabschnitte zusammengefügt, bis die Bewegung ein Ganzes wird. Mehr und mehr wird aus der Übung Alltag.