Chronische Schmerzen

Wie können Sie verhindern, dass aus ihren akuten, chronische Schmerzen entstehen?

Wenn Sie sich verletzt haben, sollte Sie als erstes die PECH – Regel umsetzen.

Das heißt:

P wie Pause

E wie Eis

C wie Compression

H wie Hochlagern

Durch die Pause haben Sie nun Zeit, sich prophylaktisch mit der Vermeidung der Entstehung von chronischen Schmerzen auseinander zusetzen.

Wie werden Gewebeschädigungen an das Gehirn weitergeleitet?

Die Größe der Gewebsschädigung hat nicht unbedingt etwas mit der Intensität der Schmerzwahrnehmung zu tun. So kann das am Papier schneiden sehr schmerzhaft sein, wogegen es immer wieder Berichte gibt, das Verletzte mit Brüchen den Tag erst einmal weiter gearbeitet haben.

In unseren Geweben sitzen Sensoren, die Schädigungen durch mechanische, thermische oder chemische Überlastung als Schmerz melden. Wenn diese Sensoren häufig gereizt werden, desto mehr zusätzliche Sensoren werden an den Nerven gebildet.  Als Resultat daraus, werden schon bei der kleinsten Erschütterung der Sensoren, Schmerzsignale an das Gehirn gemeldet. Gut zu vergleichen mit einer intakten Straße, die nur wenig Fugen/Risse hat und diese kaum bemerkt werden und einer sanierungsbedürftigen Straße, deren Oberfläche durch physikalische Belastung rissig und porös ist und dies beim Fahren deutlich bemerkt wird.

Im Rückenmark kommen die Nerven aus der Peripherie an, sortieren sich neu und schicken Ihre Impulse zum Gehirn. Je häufiger ein Neuron dabei gereizt wird, desto mehr übernehmen andere Neuronen die gleiche Informationsweitergabe. Die Information soll schnell und geballt ans Gehirn geschickt werden.

Ein Neuron bzw. der Sensor schickt grundsätzlich schon beim kleinsten Reiz eine Info. Ähnlich einer zu sensiblen Alarmanlage, die nach einem Einbruch eingebaut wurde. Aus Angst vor einem erneuten Einbruch, wird die Anlage sensibel eingestellt, mit dem Effekt, dass jede noch so kleine Maus einen Alarm auslöst.

Der Körper hat für diese Impulsüberflutung eine Methode, die die aufsteigenden Schmerzweiterleitungen im Rückenmark dämpft. Anfangs reduziert diese den Schmerz. Je länger jedoch der Schmerz einwirkt, desto mehr lässt die Dämpfung nach.

Verarbeitung im Gehirn

Im Gehirn gibt es kein Schmerzzentrum. Stattdessen werden im ersten Moment im Gehirn die ankommenden Informationen mit gespeicherten Vorerfahrungen verglichen.

  • Wie erging es mir früher als ich krank war?
  • Wie erging es den Menschen, mit der gleichen Erkrankung, vor kurzem in der Fernsehsendung/Nachbarschaft/Internet/Bericht?

Je nachdem welche Informationen schon vorliegen, werden die eingehenden Reize unterschiedlich bewertet. So kann das Gehirn evtl. es sachlich verarbeiten oder aufgeschreckt zu Überinterpretationen reagieren.

Dieser Zusammenhang ist aus der Kindererziehung bekannt. Wenn man einem Kind sagt, dass etwas weh tut, dann wird dieses deutlich schmerzhafter wahrgenommen.

Aus diesem Grund ist es wichtig, sich Informationen über sicheren und verlässlichen Quellen zu holen. Es zeigt sich, dass aufgeklärte Patienten weniger Angst haben und die Schmerzen dann weniger stark wahrnehmen.

Umbauprozesse im Gehirn

Wenn Sie nun einmal kurz in ihr linkes Bein spüren, bemerken Sie sofort, wo dieses die Unterlage berührt. Ob es warm, kalt, an- oder entspannt ist. Diese Sensibilität findet in einem Teil von unserem Gehirn statt, dem Homunkulus.

Da Finger, Lippen, Füße oder die Zunge viel sensibler sind und auch sein müssen, als z.B. der Ellenbogen, nehmen diese Nerven eine viel größere Fläche in dieser Gehirnregion ein als andere. Schließlich bekommen wir hierüber Überlebens wichtige Informationen.

  • Wie schmeckt mein Essen? Ist es vergoren, schlecht geworden oder kann ich es essen?
  • Ist noch eine Gräte im Fisch an der ich mich verschlucken kann?
  • Ist der Untergrund, den ich in einem dunkeln Raum nicht sehen kann, eben und belastbar.
  • Wenn ich nach etwas greife, um es zu benutzen, muss ich sofort wissen, ob vielleicht die Oberfläche mich verletzten kann, wie zum Beispiel ein Dorn an einem Ast oder eine Holzspan, der aus einem Griff aus Holz hervor steht.

Wenn in unserem sensiblen Gehirnabschnitt der Homunkulus (s.o.) von einer Körperregion stetige Schmerzsignale ankommen, vergrößert sich dieser Gehirnabschnitt. Wir werden dadurch in dieser Körperregion sensibler. Bei manchen Schmerzpatienten reichen Gedanken an eine Bewegung schon aus, um das sensibilisierte Gehirn zur Schmerzwahrnehmung zu aktivieren. Die Furcht vor bestimmten Aktivitäten oder die Angst davor, sich nochmals zu verletzen, können Schmerzen verstärken.

Gleichzeitig kann durch die Schmerzen eine Angstvermeidungshaltung entstehen. Aus Angst vor Schmerzen bewegen wir die Körperregion weniger. Dadurch erhält das Gehirn weniger motorische Rückmeldung von der Körperregion. Es kommt zu einer Schonhaltung. Evtl. wird die betroffene Körperpartie zusätzlich mit Verbänden geschützt, wodurch zusätzliche Reize, wie das Reiben der Kleidung oder aber auch ein Windstoß fehlen. Mit der Zeit baut das Gehirn diesen Abschnitt dann zurück und die Sensibilität wird schlechter. Patienten sagen nicht mehr „Arm“ zu ihrem Arm, sondern „das Ding“. Es fühlt sich für sie an, als wäre der Bereich wie abgestorben. Der Patient muss seine ganze Aufmerksamkeit auf den Arm legen, um etwas zu spüren. Einige Patienten müssen ihren Arm sogar ansehen, um diesen bewegen zu können. Man nennt diese Symptome „Lost limb Symptom“.

Zeichen für ein sensibilisiertes Gehirn, das Schmerzen sendet, ohne dass eine Gewebeschaden vorliegt sind:

  • Der Schmerz hält an, obwohl die Heilungsphasen längst vorbei sind (Ein Knochen braucht ca.6 Wochen zum Verheilen)
  • Der Schmerz weitet sich aus. Wird auf die andere Seite gespiegelt
  • Sogar kleine Bewegungen tun weh. Durch die Bewegungseinschränkung aufgrund einer Entzündung, ist der Blutfluß geringer und die Entzündungsstoffe bleiben länger vor Ort und machen hier die Sensoren empfindlicher. Dadurch melden diese schneller den Schmerz weiter, wodurch Sie sich aufgrund der Schmerzen noch weniger bewegen und das Bewegungsausmaß kleiner wird. Da die Entzündungsstoffe durch die geringe allgemein Bewegung vor Ort bleiben, schwillt nach kleinen Bewegungen das Gelenk schnell wieder an und wird warm.
  • Schmerzen entstehen ohne Grund bzw. Stunden/Tage nach einer Bewegung. Wenn aber der Gewebeschaden der Grund wäre, würde dieser direkt bei der Bewegung die Schmerzen auslösen.
  • Die Schmerzen sind andauernd v.a. Morgens und Nachts vorhanden. Wenn die Schmerzen durch den Gewebeschaden verursacht wären, wären Sie nur bei der Bewegung dieses Bereiches spürbar. Also in Intervallen.
  • Schmerzen haben mit Gefühlen und Gedanken zu tun.
  • Schmerzen lassen bei Alkoholkonsum nach.

Emotionen als Fundament für chronische Schmerzen

Wie Schmerzen im Gehirn zum Beispiel bei einem Unfall und während des Heilungsverlaufes verarbeitet werden, hängt zusätzlich entscheidend von den Emotionen ab, die wir während des Unfalls und der Heilung empfunden werden.

Wenn wir uns verletzten, kann, je nach sozialer Absicherung, unsere Alltag und Leben schnell aus den Fugen geraten. Fragestellungen wie z.B.

  • Bekomme ich eine Infektion? Wann hatte ich meine letzte Tetanus-Impfung
  • Wie kriege ich jetzt meinen Alltag geschafft?
  • Ich habe gerade gar keine Zeit für so etwas
  • Ist meine Karriere damit beendet oder kann ich weiter arbeiten?

treten in den Vordergrund und Belasten uns zusätzlich. So kann eine Fingerverletzung für einen Violinisten (existenziell) bedrohlicher wahrgenommen werden, als für einen Tänzer.

Die Hormone vom Sympathikus und Parasympathikus

Durch die Emotionen werden sehr viele Stresshormone ausgeschüttet, wodurch unser Gehirn die Tatsache der Verletzung nicht mehr sachlich verarbeiten kann. Unsere Urreflexe werden durch die vielen Stresshormonen überaktiv.

Das Vegetativum, welches diese Urreflexe steuert, wird in zwei funktionelle Gegenspieler unterteilt - in Sympathikus und Parasympatikus.

Der SYMPATHIKUS ist folgender Weise wirksam:

Stellen Sie sich vor, Sie sind in der Eiszeit unterwegs um einen Säbelzahntiger zu jagen bzw. er will Sie jagen. In diesem Moment sollte Sie gute Muskeln haben, denn entweder rennen Sie gerade weg oder kämpfen. Daher stellt der Sympathikus die Blutgefäße in ihren Muskeln weit, damit diese gut durchblutet und damit mit Sauerstoff versorgt werden.

Auch Ihre Sinne und die Nerven sind nun in Alarm Bereitschaft, damit Sie schnell reagieren können. Dadurch werden Ihre Augen weit gestellt, die Haut wird sensibler und schwitzt eher, Ihr Herz schlägt kräftiger und die Atmung ist auch schneller. Mit dem Anstieg der Gefahr steigert sich der Stressfaktor. Das Resultat daraus, die Sensibilität und die Reizbarkeit sind erhöht, man wird dünnhäutig und fährt schneller aus sich heraus.

Der Sympathikus unterdrückt in diesem Moment Ihren Verdauungstrakt, schließlich ist der Säbelzahntiger hinter Ihnen und da haben Sie keine Zeit, hinter dem Busch zu verschwinden oder in Ruhe etwas zu essen.

DER PARASYMPATHIKUS ist folgender Weise wirksam:

Nun sitzen Sie in Ihrer Höhle am Lagerfeuer und müssen nicht mehr rennen. Daher werden die Muskeln nun nicht mehr so stark durchblutet, das Herz schlägt langsamer, die Atmung ist flacher. Nun braucht aber Ihr Verdauungstrakt vermehrt Blut, da Sie ja nun Zeit haben für das Fleisch über dem Lagerfeuer. Auch der Geschlechtsakt bzw. die Geburt von Kindern funktioniert vor einem romantischen Feuer besser, als wenn der Tiger hinter einem her ist. Daher wird nun auch dieser Bereich gut durchblutet. Vielleicht haben Sie sich während der Flucht verletzt. Da hatte allerdings ihr Körper keine Zeit sich zu regenerieren, da Sie ja vor dem Säbelzahntiger fliehen mussten. Nun kann sich aber ihr Körper ausruhen und regenerieren und es finden Heilungsprozesse in ihrem Körper statt. Aus diesem Grunde sollten Patienten sich schonen und nicht weiter arbeiten. Bei langanhaltendem Stress werden mehr entzündungsfördernde Substanzen ausgeschüttet, wodurch zum Beispiel bei einer Grippe Bewegungen schmerzhafter werden bzw. alte Schmerzen wieder für kurze Zeit zurückkehren.

Wie Sie gelesen habe, ist eines der beiden Systeme immer aktiv und das andere ruht. Ein Problem entsteht, wenn der Säbelzahntiger wieder erwarten in Ihre Höhle reinschaut. Dann meldet der Parasympathikus „Wir sitzen doch in unserer Höhle und können alles ganz in Ruhe angehen“. Der Sympathikus meldet aber Alarm, schließlich ist der Tiger da. Da nun beide Systeme gleichzeitig arbeiten, entstehen Probleme.

Dies kann die Situation sein, das wir zu Hause in unserer sicheren Höhle sitzen und entspannen wollen, aber uns zeitgleich Sorgen um z.B. die Arbeit, Familie, Finanzen usw. machen und diese nicht loslassen können. Funktioniert das Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus nicht richtig, werden die Symptome manchmal als vegetative Dystonie eingeordnet.

Die Beschwerden in dieser Situation richten sich danach, ob sich das Spannungsverhältnis zugunsten des Sympathikus oder des Parasympathikus verschoben hat. Menschen mit einer verstärkten Sympathikusaktivität neigen demnach zu Nervosität, Herzrasen, erhöhtem Blutdruck und Durchfall. Ist dagegen der Parasympathikus dominant, kann dies mit einem niedrigen Blutdruck, kalten Händen und Füßen, Antriebslosigkeit und Verstopfung einhergehen.

Grundsätzlich ist diese Stress-Reaktion ja nichts schlechtes, das habe ich ja schon erwähnt. Besorgnis erregend wird es erst, wenn dieser chemische Zustand im Körper dauerhaft anhält, bzw. wenn diese Hormone nicht mehr vollständig abgebaut werden können. Wir sind dann in einem Dauerstress gefangen. Meist wird dieser Stress dann auch noch als überfordernd empfunden und dann sprechen wir von Disstress.

Das sind unsere modernen bzw. inneren Säbelzahntiger. Dazu zählen auch solche Denkmuster und Aussagen wie

  • Ich bin nicht gut genug
  • Das muss ich noch unbedingt heute fertigmachen
  • Es muss perfekt sein

Wenn wir in einem dauerhaften Sympathikus-Modus unterwegs sind, ist alles lahmgelegt, was den Stoffwechsel anbelangt. Auch wenn wir den Stress - weil wir das ja gewöhnt sind - oft gar nicht als so belastend empfinden, fährt unser Körper trotzdem im Schema fort.

Neurogene Entzündung durch Stress- warum wird mein Bereich immer wieder dick und heiß

Wenn die betroffene Körperregion mit Schwellung, Schwitzen, Rötung, Schmerz bzw. eine Veränderung der Trophik der Haut, Nägel und Haare zeigt, liegt eine neurogene Entzündung vor.

Evolutionär hat sich die neurogene Entzündung als Reaktion des Körpers auf Stress bewährt. Zu Zeiten unserer Vorfahren vor vielen tausend Jahren, war eine Stresssituation auch häufig mit einer Verletzung einher gehend. Hierbei bedeutete eine Wundinfektion mit Bakterien oder Viren schnell den Tod. Durch die neurogene Entzündung wird der Körper schon im Voraus auf diese Infektion vorbereitet. Dieser Bereich wird mehr durchblutet und das Immunsystem ( Leukozyten) wird zum betreffenden Bereich geschickt. Somit ist alles bereit für die Eindringlinge und der Körper kann sich schnell wehren.

Diese neurogene Reaktion läuft auch heute noch bei uns unter Stress ab. Unter Stress, wird vom zentralen Nervensystem befohlen, die Entzündungssubstanzen wie Histamin und Substanz P auszuschütten und damit eine Entzündungsreaktion im betroffenen Bindegewebe ausgelöst. Substanz P bewirkt eine starke Erweiterung der Blutgefäße und steigert die Durchlässigkeit der Gefäßwand. Zudem bewirkt sie eine Steigerung der Sensitivität der Schmerzneurone im Rückenmark. Substanz P reguliert auch die zielgerichtete Einwanderung von Leukozyten. Die Entzündung entsteht also neurogen (von den Nerven ausgehend) und nicht ausgelöst durch Bakterien oder Viren. Bei dauerhaftem Stress wird die neurogene Entzündung chronisch und führt zu Mikrokontrakturen im Bindegewebe und myofaszialen Schmerzen. Diese Schmerzsymptome werden häufig auch mit Begriffen wie Fibromyalgie oder ähnlichem diagnostiziert.

Was kann ich tun?

Selbst wenn scheinbar die Schmerzen unser ganzes Leben dominieren, benutzt unser Gehirn nur ein Teil seines Repertoires. Das heißt, dass Sie sich dem Schmerz-Gefühl nicht ergeben müssen. Sie haben in Ihrem Gehirn trotz der Schmerzen Kapazitäten, um die Bewertung der Information aus dem Körper, zu desensibilisieren. Sie können ihrem Gehirn wieder beibringen, sich zu beruhigen. Ihm klar machen, dass keine akute Situation vorliegt.

Allgemein: Bewegen Sie sich. Sie steigern damit ihren Stoffwechsel und bauen Stresshormone ab. Bei chronischen Schmerzen kann Bewegung sogar doppelt wirken: Gegen die Schmerzen und auch gegen die Depression.

Wichtig ist dabei, dass eine Form der Aktivität gewählt wird, die ihnen Freude bereitet. Daher sollten folgende Fragen berücksichtigt werden:

  • Fühle ich mich im Wasser wohl?
  • Bin ich gerne in der Natur unterwegs oder gehe ich lieber ins Fitnessstudio?
  • Bewege ich mich gern allein und kann ich mich dann auch motivieren oder fällt es mir leichter, in einer Gruppe zu üben?

Klein anfangen ist ebenfalls ein hilfreicher Ratschlag. Wer sich direkt beim ersten Training überfordert, verliert schnell die Lust. Setzen sich kleine erreichbare Ziele und arbeiten langsam darauf hin. Probieren Sie verschiedene Bewegungsmöglichkeiten aus. Es sollten aber auch ganz pragmatische Komponenten mit einbezogen werden: Lieber ein Fitnessstudio in der Nähe vom Wohnort oder Arbeit wählen, so dass die Anfahrt unkompliziert ist und die Trainingstermine sollten fest in den persönlichen Zeitplan etabliert werden. Viele Menschen können eine feste Struktur wie „Montag, Mittwoch, Freitag um 8:00 Uhr vor der Arbeit“ besser umsetzen als „3 x wöchentlich“. Es kommt also darauf an, Bewegung zum Teil des eigenen „Lifestyles“ zu machen. Und auch wenn der Weg anfangs beschwerlich ist – dranbleiben lohnt sich. Körper, Geist und Seele werden es Ihnen danken.

Bewegung ohne Schmerzen im Gehirn neu verknüpfen

Alternative Bewegungen fördern

Damit ihr Gehirn desensibilisiert wird, sollten Sie bei der Bewegung, die Ihnen Schmerzen auslösen, Alternativen mit ähnlicher Bewegung versuchen, die kaum Schmerzen auslösen. Lotsen Sie die Schmerzgrenze aus. Vermeiden Sie diese nicht komplett. Gehen Sie langsam und vorsichtig an Ihre Schmerzgrenze, um diese kennenzulernen. Wir Therapeuten fragen ja immer nach Ihrem Schmerz auf einer Skala von 1-10. Suchen Sie Sich eine Bewegung aus, die den Skalenwert von 1-2 nicht überschreitet. Dabei sollten Sie entspannt atmen, sich nicht verkrampfen sondern locker lassen, den ganz leichten Schmerz annehmen und die mimischen Muskeln entspannen können.

  • Probieren Sie verschiedene Bewegungsmöglichkeiten aus, indem Sie zum Beispiel Punctum-fixum und -mobile tauschen. Statt den Arm zu heben, legen sie den Arm auf einen Tisch ab und bewegen ihren Rumpf.
  • Ändern Sie die Ausgangsstellungen, damit Sie weniger gegen die Schwerkraft arbeiten müssen. So wird die Bewegung leichter und weniger schmerzhaft.

Positive Verknüpfung der Sinne mit Bewegung

Zusätzlich ist eine positive Verknüpfung der Bewegung mit angenehmen Gerüchen, Temperatur, Umgebung (zum Beispiel im Wald die Bewegungen durchführen), wohlklingender Musik, einer kuscheligen Kleidung  hilfreich, um im Gehirn die Bewegung/den Körperabschnitt wieder positiv und damit sympathikusdämpfend zu speichern. Quasi wie ein Neustart am Computer.

Einfühlen in die betreffende Körperstelle

Manchmal löst jede Bewegung direkt Schmerzen aus. Dann ist es besser, sich diese Bewegung oder Position des Körperabschnittes erst mal nur vorzustellen. Alleine durch das Nachempfinden, werden die motorischen Nerven des Körperabschnittes schon gereizt, wobei im Gehirn aber dann nur die Bewegung wahrgenommen wird, ohne die Schmerzweiterleitung.

Lateralisationstraining

Mit Hilfe von Apps wie Recognise oder Orientate wird ein Rechts-Links-Training durchgeführt. Hier werden Sie aufgefordert, möglichst schnell zu entscheiden, ob sie die rechte oder linke Körperseite sehen. Es wird das gleiche Körperteil in verschiedenen Stellungen gezeigt. Damit sie entscheiden können, welche Seite gezeigt wird, versucht man sich in das Foto hinein zu versetzten, wodurch ihr Gehirn wieder einen Impuls vom ihrem Körperteil bekommt, aber keine Schmerzwahrnehmung.

Imaginationstraining bzw. Mentales Training- Vorstellungskraft zur Desensibilisierung

Beim mentalen Training wird versucht, durch die Vorstellung einer Bewegung oder einer Position dem Gehirn wieder beizubringen, dass das Körperteil sich bewegen bzw. eine Position einnehmen kann, ohne Schmerzen zu haben.

Am Anfang sollten statische Positionen anhand von Fotos eingenommen werden, da diese weniger Reize geben als Videos und damit Bewegungen.

Zur Vorbereitung werden ca. 10-15 Fotos von Positionen, die einem Beschwerden bereiten, aufgenommen und anhand der Schmerzskala von 0 (kein Schmerz) bis 10 (stärkste Schmerzverknüpfung) sortiert.

Der Patient fängt mit der leichtesten und damit wenig schmerzauslösende Position an und schaut sich dieses Foto in Ruhe an. Merken Sie sich dabei Details. Dann schließen Sie die Augen und nehmen gedanklich die Position mit der betroffenen Extremität ein. Dabei sollen Sie keine Schmerzen empfinden. Öffnen Sie die Augen wieder, schauen sich das Bild erneut an und schließen wieder die Augen und stellen sich wieder erneut vor, wie Sie mit ihrer betroffenen Körperregion diese Position einnehmen. Wiederholen Sie die Übung 5x.

Wenn dieses schmerzfrei möglich ist, steigern Sie sich, indem Sie mit dem nächst schwierigerem Foto weitermachen.

Wenn die Übungen mit den Fotos erfolgreich durchgeführt werden können, kann der Patient Bewegungsabläufe in Form von Videos ansehen und gedanklich nachstellen. Hierfür ist es hilfreich, ein Video mit dem Handy aufzunehmen. In diesem Video bewegt ein Freund/Angehöriger das betreffende Körperteil langsam erst in einer leichten wenig schmerzauslösenden Bewegungen, später einer komplexeren, schwierigeren Bewegung. Dieses Video schauen Sie sich aufmerksam und in Ruhe an. Versuchen Sie nachzuempfinden, wie die Muskeln sich anspannen würden, wie vielleicht die Kleidung über dem Körperteil rutscht, oder Sie das Körpergewicht verteilen müssten, um nicht umzufallen.

Anschließend schließen Sie die Augen und stellen sich aufmerksam nochmal die Bewegungen nacheinander vor. Allein durch die Vorstellung aktivieren Sie Bereiche in ihrem Homunkulus. Durch regelmäßige Wiederholung ( 3x Täglich) wird es im Gehirn zu Umbauprozessen führen, da Sie die Gehirnregion oft nutzen.

Spiegeltraining

Dabei sitzt der Patient mittig vor einem Spiegel, wobei die betroffene Körperseite verdeckt ist und nur die nicht betroffene Seite neben dem Spiegel sichtbar ist. Beim Blick in den Spiegel ist das Spiegelbild der nicht betroffenen Seite. Durch den Blick in den Spiegel ist nun das Ziel der Illusion, das Spiegelbild als die betroffene Seite wahrzunehmen. Auch bei dieser Methode kommen nun Bewegungs- und sensible Reize im Gehirn an, die das Gehirn für die betroffene Seite hält; allerdings auch hier werden wieder keine Schmerzen mit der Bewegung kombiniert.

Gerne geben wir Ihnen mehr Information zu diesem Thema.

2-Punkt Diskrimationstraining

Bei dieser  Methode versucht man die Anzahl von punktuellen Berührungen im betreffenden Körperabschnitt  zu erraten. Dazu berührt ein anderer den betreffenden Körperabschnitt immer wieder mit unterschiedlich vielen  Fingerspitzen oder Stiften. Man kann auch durch immer wieder auseinander- und zusammenschieben eines  Abstandsmesser versuchen zu fühlen, ob man  beide Spitzen differenzieren kann, oder ob sich beide Spitzen wie eine anfühlt.

Nervenmobilisation

Betroffene Nerven sind sehr sensibel und schnell gereizt. Mit der Zeit kann sich durch die Schmerzen das Bindegewebe um die Nerven herum verkrampfen. Dieses drückt dann zusätzlich auf die Nerven, wodurch die Blutversorgung des Nerven beeinträchtigt werden kann. Daher ist auch eine vorsichtige und langsame Mobilisierung der Nerven bei chronischen Schmerzen sinnvoll.

Nerven nehmen es uns übel, wenn wir zu viel machen: Vermeiden Sie am Anfang eine komplette Verlängerung des Nervens und zu viele Wiederholungen. Stellen Sie sich vor, wir der Nerv anfangs in seiner Nervenhülle hin und her rutscht – so wie Zahnseide zwischen den Zähnen hin und her gleitet. Dadurch soll die Nervendurchblutung verbessert werden, sodass er mechanisch belastbarer wird und durch einen besseren Nervenstoffwechsel die  neurologischen Symptome geringer werden. Später stressen Sie den Nerv intermittierend in seiner gesamten Länge. Die Therapeuten könne ihnen die Bewegungen für Ihren jeweiligen Nerven zeigen.

Entspannungstechniken

Da die Stresshormone bei der Entstehung von chronischen Schmerzen auf Dauer mit einwirken können, wirken sich Entspannungsübungen positiv auf verschiedene Schmerzsyndrome aus. Wenn Sie eine Anleitung benötigen werden Sie auf Youtube, Apps und Podcast sicher fündig.

  • „Body-Scan“ - Hierbei richten Sie ihre Aufmerksamkeit gedanklich auf verschiedene Körperregionen.
    • Wo berühren Sie den Boden/die Kleidung
    • Ist das Gelenk leicht gebeugt/gestreckt?
    • Ist die Region warm/kalt/angespannt/entspannt
    • Halte ich die Region fest oder kann ich diese locker an den Boden abgelegen?
    • Sie stellen sich vor, dass sie dieses Körperteil bewegen
  • Postisometrische-Relaxation nach Jacobsen
    Manchen Menschen fällt es schwer Entspannung zu fühlen, da Sie sich an die Anspannung schon so gewöhnt haben. Da hilft es manchmal vorher bewusst die Körperregion stark anzuspannen, um dann den Unterschied zur Entspannung und des wieder loslassen zu spüren.
  • Autogenes Training
    Dies ist eine Imaginationsübung. Der Patient spricht sich selbst immer wieder die Sätze vor.
    „Mein Körper ist ganz warm, schwer und entspannt.“
    Pro Region wiederholt man den Satz 3x und fährt dabei durch seinen ganze Körper.